Meinungsfreiheit, Redefreiheit, Pressefreiheit…
Zurzeit ein brennendes Thema.
Die Welt könnte alle Meinungen tragen, aber die Menschen können diese leider nicht ertragen. Weil diese Meinungen immer nur in persönlichen Welten ankommen, – diese sind mitunter klein oder sehr von verschiedensten Umständen geprägt und geformt.
Wir kennen das schon aus dem Privatleben: Ein unvorsichtiges Wort, ein zu schnell und unbedacht ausgesprochener Satz ist nicht mehr zurückzuholen, die Worte sind wie die Federn eines ausgeschüttelten Kopfkissens, – in alle Winde verstreut und nie wieder einzusammeln.
Und mit nichts zu entschuldigen. Verzeihen ist möglich, aber vergessen wird nie.
Um wie viel mehr multipliziert oder potenziert sich dieses Dilemma, wenn es eine Gemeinschaft betrifft? Eine Sprachgruppe? Eine Minderheit? Ein Volk?
Worte können schärfere Waffen sein als Feuer und Stahl.
Worte können Persönlichkeiten zerstören.
Worte können manipulieren und verführen.
Und doch:
Ich liebe Worte!
Worte sind eine unerschöpfliche Welt, eine unermesslich große, schöne Welt. Worte ermöglichen alles, sie geben den Gedanken Gestalt, sie halten fest, setzen fort, entwickeln und führen in unbekannte Seelengründe. Worte verbinden mit Menschen über Zeiten und Räume hinweg wie nichts anderes auf der Welt.
Worte helfen mir, mich selbst auszudrücken und mir eine „Persönlichkeit“ zu verleihen. Auch wenn ich immer einem Wandel unterworfen bin, Worte gehen mit. Mehr noch, sie wachsen mit, ohne dass dies ein Widerspruch sein müsste.
Allerdings benötigt jedes Wort meine klaren Gedanken, mein „Gewissen“. Kann ich zu meinem Wort, auch wenn ich mich weiterentwickle, morgen noch ja sagen? Passen die Worte auch übermorgen noch? Und in etlichen Jahren?
Mit diesem Anspruch betreibe ich natürlich eine Art Eigenzensur. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich unehrlich wäre. Ich versuche lediglich, mich in einem großen Ganzen zu sehen. Bei emotionalen Texten gelingt dies nicht so leicht. Und trotzdem bin ich überzeugt, dass ein Augenblick so festgehalten werden kann, dass er am nächsten Morgen nicht verletzt. Weder andere, noch mich selbst.
So gesehen ist eine Eigenzensur wohl ratsam.
Sehr ratsam.
Im Zeitalter des Internet, der sozialen Netzwerke erst recht, denn dort wird niemals vergessen. Wie sorglos setzen viele ihre Identität der Öffentlichkeit, dem immerwährenden Zugriff aus! Wie sorglos wird beiseite geschoben, dass nicht nur der Augenblick zählt!
Viele Autoren überarbeiten ihre Texte oft und oft. Immer wieder, bis sie endlich mit einem Ergebnis zufrieden sind. Und auch dieser Augenblick der Zufriedenheit gilt möglicherweise nur für einen bestimmten Zeitraum. Ein Leben verläuft in den seltensten Fällen wie ein geradliniger Fluss, viel öfter ist es von Brüchen durchsetzt, die eine neue Sicht bedingen oder verlangen. Die Sprache wird ein Teil dieser neuen Sicht sein.
Da immer Veränderungen möglich sind, bedeutet zu seinem Wort zu stehen, seine Entwicklung anzunehmen. Und darum benötigt es den Mut, etwas einfach sein zu lassen ohne dem nachzutrauern.
Loslassen.
Das war ich eben auch.
Irgendwann sollte hinter dem letzten Punkt ein „Schlusspunkt“ stehen.
Nicht mehr in mir drin.
Weil ich schon eine große Strecke weiter bin.