Zwischen Wegwerfen und Sammeln

Zwischen Wegwerfen und Sammeln

bücherregal kl
Meine Mail-Freundin aus Estland hat geschrieben.
Sie räumt, sortiert und entledigt sich vieler Dinge. Zurzeit sichtet sie ihren reichen Buchbestand. Welches Buch wird sie bestimmt nie mehr lesen, welches wird sie nicht mehr benötigen, – alles unter dem Gesichtspunkt, jenen Arbeit zu ersparen, die nach ihrem Hinscheiden ihre Sachen aufräumen müssen. Genau so hat sie mir geschrieben.

Der Gedankengang ist mir nicht fremd. Überhaupt nicht.
Ich bin zwar einige Jahre jünger, aber man lebt immer im „gefährdeten“ Alter. Eine Sicherheit und Garantie auf ein gesundes, hohes Alter gibt es nicht.

Ich denke allerdings weniger an ein Sichten und Entledigen, sondern an eine gewisse Ordnung in allen Bereichen, damit es nur ein Ja oder Nein zu den Dingen bräuchte, – für jene, die sie einmal in der Hand haben sollten.
Solche Gedanken seien überflüssig, – hat mein Lebensmann augenzwinkernd gemeint, – ein Container und das war es! Wie gesagt, er hat dabei gezwinkert, – das ist tröstlich. Aber wahrscheinlich hat er Recht.
Aber so weit bin ich noch nicht.
Ich gehöre zu den Sammlern, vor allem Bücher betreffend. Mein Bestand wird immer größer, kann ich mich doch kaum einbremsen, immer wieder neue, interessante Titel gelesen in meine Regale zu stellen. Und wenn ich irgendwo eine Bücherwand bis zur Decke sehe, dann geht mein Herz auf. In solchen Räumen möchte ich mich für ein paar Regentage verkriechen können. Solange dieses Gefühl in mir wohnt, wird meine Bücherwand wohl auch noch wachsen.
Ich gehöre also zu den Büchersammlern.
Wenn man außer Büchern alles andere ins Auge fasst, zähle ich mich eher zu den Umräumern. Das zu sein, ist gar nicht einfach, denn ich möchte mich und mein Leben ja nicht in Dingen einparken. Darum ist der Blick nach vorne besonders wichtig, die Ordnung muss für mich Sinn ergeben. Es geht nicht um das Sammeln und Räumen als Selbstzweck, – ich bin ja kein Museum!

Ziemlich oft hadere ich mit meiner Zeit, die mir schneller verrinnt, als in meinen Ordnungsplänen vorgesehen ist. Vielleicht überschätze ich mein Tempo?
Nein, ich vergesse schlicht und einfach, dass nicht alles planbar ist. Zum Beispiel die sich ergebenden „zwischenmenschlichen Stunden“, die mir in Familie und Umfeld entgegenwachsen und unschätzbar wertvoller sind als ein aufgeräumter Schreibtisch oder der sortierte Kleiderschrank.
Ich nenne diese spontanen Begegnungen meine glücklichen Alltagskapriolen, weil sie sich in meine Zeit hineinschmuggeln und mich immer überzeugen, dass sich darin das wahre Leben ausbreitet. Sie machen nämlich erst den Tag zu einem besonderen Tag.

„Am Donnerstag habe ich meine Strümpfe gründlich aufgeräumt“ oder „Am Donnerstag habe ich eine Stunde lang mit XY die Welt gerettet“ …
Klingt doch überzeugend?tautropfen

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