Frühling – Neubeginn – „Fastenpost“

Frühling – Neubeginn – „Fastenpost“

Frohe Ostern!

In manchen Regionen gab es jahrhundertelang den Brauch, am Ostersonntag die Leute in der Kirche mit Scherzen und lustigen Episoden von der Kanzel zum Lachen zu bringen, um der Osterfreude sichtbar und hörbar Ausdruck zu verleihen. Gerade nach Zeiten der Stille, des Fastens, des Wartens…

Lachen befreit. Es ist wie das Öffnen der Fenster für frischen Frühlingswind, es schenkt eine überraschende Sichtweise, lockt aus der Reserve und bejaht das Leben. „Jedes Lachen vermehrt das Glück auf Erden.“ (Jonathan Swift)

In Freundschaften und Beziehungen auch über die Jahre miteinander lachen zu können, ist eine „Aufgabe“, die nicht zu unterschätzen ist. Wie viele Alltagstüren gehen dabei von selber auf!
Wie gut tut es, mit den Menschen zu sein, die uns nahestehen und mit denen wir unter einem Dach leben und unsere Zeit teilen, wenn das Lachen nicht zu kurz kommt! 
Lachen ist die Sonne für die Seele.

Frohe Ostern!

Vita humana sancta (6)

Im kleinen Tobias mit seinen fast zwei Jahren ist ein Überschwang an Lebensfreude gebündelt, die noch ungebrochen Strahlkraft auf alle hat, die ihm begegnen. Er lebt in den Tag hinein und weiß noch nichts von morgen.
Ich habe einmal gelesen, die sogenannte unschuldige Kindheit endet dann und dort, wo für das Menschlein der Zeitbegriff beginnt

Ein bisschen etwas von diesem Paradies dürfen wir noch leben, denn wir können wohl Pläne schmieden, Vermutungen anstellen und uns auf alles Mögliche vorbereiten, – letztlich wissen werden wir jedoch nie, was der morgige Tag, ja, was das Leben bringt.

Die hohen Feiertage sind – egal wie religiös das Leben gestaltet wird – in unserem Kulturgut verankert und besitzen immer noch Strahlkraft. Heute, Palmsonntag, beginnt die „Hebdomada sancta“, die „Heilige Woche“, die „Große Woche“. Sie beginnt mit einem freudigen Ereignis (bejubelter Einzug in Jerusalem) und endet mit einem freudigen Ereignis (Ostern, Sieg über den Tod).
Allerdings ist uns der Begriff „Karwoche“ viel geläufiger, – „Kara“ aus dem Althochdeutschen – „Trauer, Kummer“ (Beginn des Leidenswegs mit dem Einzug in Jerusalem bis zur Grabesruhe). Auch traurige, hoffnungslose, stille Zeiten gehören zum Leben, doch letztlich wollen wir darauf hoffen, dass sich das Blatt wenden kann. Das wird uns in der „Hebdomada sancta“ angeboten und versprochen.
Auf den Punkt gebracht, finde ich, ist dieses Vertrauen auch in folgenden Worten:

„Nach jeder Erschwernis erfolgt Erleichterung.
Gewiss, nach jeder Erschwernis erfolgt Erleichterung.“
(Koran/Sure 94:6)  

Diese Hoffnung funkelt in allen Weltreligionen. Sie gilt für ein ganzes Leben. Nicht nur für eine Woche. Das ganze Leben sollte immer wieder eingerahmt sein von guten Zeiten voller Lebensfreude:  „Vita humana sancta“.

Blumen, Blumen überall (5)

Die Ausstellung, die ich in München besuchte, stand nicht unter diesem Frühlingstitel, wenngleich ich im ersten Augenblick diesen Inhalt erwartete. Der Frühlingsteppich war im Botanischen Garten zu erleben!
Der Titel der Ausstellung lautete:
„Flowers forever – Blumen in Kunst und Kultur“ – Blumen für immer.
Sehr beeindruckende, tiefgründige Werke stellten die künstlerische Auseinandersetzung mit allen Bereichen des Lebens und der gesellschaftlichen Gegebenheiten vergangener Jahrhunderte bis heute mit der Sprache der Blumen dar. Ich war fasziniert, dass eine Blüte in einem bestimmten Zusammenhang ausdrückt, wofür man viele, viele Worte bräuchte, – die in einem Augenblick niemals so tief in der Seele landen, wie dies beim Betrachten des Kunstwerkes geschieht.

Berührend fand ich den allerletzten Ausstellungsraum:
In der Mitte hängt von der Decke ein raumfüllendes Blumengebilde in der Form eines orientalischen, begehbaren Pavillons, – aus Tausenden getrockneten Blüten!

Keine frischen Frühlingsblüten. Getrocknete, filigrane Schönheiten mit dem Zauber der Vergänglichkeit…

Was ist uns das Alte wert?
Was sind uns die Alten wert?
Wir leben in einer Epoche, die alles Neue preist, die junge Menschen hofiert und allen, die nicht mehr jung sind, nahelegt, die ewige Jugend zumindest anzustreben. Da ist dieser ruhige, nach Heu und Kräuterkissen duftende Pavillon in dekadenten Farben Balsam für die Seele.
Eine Hommage an die Zeit. Eine Hommage an das Leben, das junge und das alte.

Wertvolles Leben, immer. Forever.

Manna (4)

Manna fällt nicht mehr vom Himmel.
Oder doch?

Köstlich, süß und gehaltvoll, genug für einen Tag, und dann am nächsten Tag erneut die Gewissheit: Manna ist wieder da, man muss nur darauf vertrauen… Manna auf der Wüstenwanderung der biblischen Israeliten, ein Exodus, der 40 Jahre währte, – mit Manna kam das Volk über die Runden …

In einer meiner Küchenschubladen befindet sich eine Sammlung an bunten Papierservietten. Da wird an Sonntagen oder bei festlichen Anlässen herausgezupft, was gerade am besten passt. Heute war es eine mit Worten bedruckte Serviette: „Dinge, die man nicht kaufen kann: Zeit, Liebe, Träume, Freunde fürs Leben, Glück.“

Das ist mein Manna.
Auch wenn ich keine Wüstenwanderung unternehme und kein Exodus ansteht, – mein Lebensweg währt schon länger als 40 Jahre. Ich bin dankbar für dieses Manna, das nicht käuflich ist, das für mich „vom Himmel fällt“:
Zeit, Liebe, Träume, Freunde fürs Leben, Glück. 

Unspektakuläre Gewissheit (3)

In einem Tropfen Wasser spiegelt sich die Welt.
Nicht im Süßwasserdachpool einer Wüstenstadttouristenhochburg.

In einem Krümel Erde lebt ein Universum an Mikroorganismen.
Nicht in der pestizidimprägnierten Rose aus Äthiopien.

In einem Laib Brot liegen Zeit und Geduld von Hand verwandelt am Familientisch.
Nicht im brandrodungsgeräucherten T-Bone-Steak aus Südamerika.

Ich habe ein Frühlingsfoto geknipst – und den Wassertropfen entdeckt!
Ich kann meinen Pflanzenzöglingen förmlich beim Wachsen zusehen!
Und im ganzen Haus duftet es!

Es duftet nach Brot, Zufriedenheit und der unspektakulären Gewissheit:
Weniger ist viel, viel mehr!

Von Paradiesäpfeln und Pausen (2)

Auf dem Fensterbrett im warmen Zimmer gucken die ersten grünen Spitzen meiner Zöglinge aus der schwarzen Anzuchterde. Tomaten …

Paradeiser, Paradiesäpfel, Liebesäpfel, rot, saftig, fruchtig. Herrlich köstlich in unzähligen Varianten!  Ein Genuss im Sommer und im Herbst. Kurz vor dem Frost geerntet reifen die Früchte noch Wochen auf dem Fensterbrett nach und zaubern bis in den Winter hinein einen Hauch Sommer in die Speisen. Doch dann hat dieses Geschenk der Natur für ein paar Monate Pause. Vegetationspause.

So war es einmal…
Wir erhalten Paradiesäpfel nun das ganze Jahr über! In Glashäusern gezüchtet, – alle schmecken gleich. Von paradiesischem Geschmack kann man jetzt im zeitigen Frühjahr nur träumen. Nein, das sind keine Paradiesäpfel.
Riesige Flächen landwirtschaftlichen Bodens verschwinden unter Glashäusern mit Substrat im Süden Europas. Wo ist bloß der natürliche Boden geblieben? Woher kommt all das Wasser für diese flächendeckende Produktion? Denn das ist es nämlich, – eine Produktion. Hier kann man nicht mehr von Gemüsebauern reden, die ihre Ernte anbieten. Sklaven von heute schuften hier zum Preis von erniedrigenden Löhnen, – zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben.
Ich fürchte, dieser Stand ist unumkehrbar. Und leider nur ein Beispiel von vielen.
Ach, – dabei weiß die Wissenschaft, dass die gesamte Weltbevölkerung ernährt werden könnte! Auf natürliche Weise und im Einklang mit der Natur, nicht in einseitiger Ausbeutung der Böden und Wasservorräte. Ja, alle 8 Milliarden Menschen, – diese Zahl gilt seit dem 15. November 2022.

Ich denke an die Vegetationspause der Tomate …
Pausen sind ein Teil des Lebens. Allen Lebens.
Traditionen, Religionen, Kulturen wissen seit ewigen Zeiten, dass dies auch für uns gilt. Manche „Pause“ – sprich Verzicht – wäre auch im Sinne der Natur.
Jetzt, im zeitigen Frühjahr ist für uns die ideale Zeit für Pausen unterschiedlichster Art, – „geistige und körperliche Vegetationspausen“. Ich glaube, jeder weiß selbst recht gut, nach welchen Pausen man sich sehnt, die möglicherweise sogar dringend gebraucht werden. Um dann wieder mehr als nur „genießbar“ zu sein. Wollen wir nicht immer wieder einen Zustand erreichen, der einem „Paradiesapfel“ gleicht, für die Lieben, für die verschiedenen Gemeinschaften und letztlich ganz besonders für uns selbst?
In diesem Sinne: Hänge dir das Bild einer Tomate auf, wo du in deiner Wohnung regelmäßig vorbeigehst, und denke daran: Ein Hoch auf die Pause!

Fizitär (1)

Nein, dieses Wort gibt es nicht wirklich. De-fizitär jedoch schon. In einer Kolumne von Fabian Vogt (in Publik Forum 9/2016) bin ich dieser genialen Wortschöpfung „fizitär“ begegnet. Ich finde, „fizitär“ ist es wert, in den Wortschatz aufgenommen zu werden, es fehlt nämlich ohne Zweifel!

Dass wir defizitär sind, das wird uns ja mit jedem Werbespot, jedem Hochglanzprospekt, jedem Ratgeber vor Augen geführt. So wie wir sind und so wie wir leben, das kann nicht genügen, das ist defizitär. Es fehlt immer etwas… Darum – welch ein Glück – all die vielen Angebote, die uns zu unserem Glück verhelfen sollen. Auch jetzt in der Fastenzeit.

Im Zusammenhang mit diesem Wort „fizitär“ habe ich beschlossen, dass die kommenden Wochen ein guter Zeitpunkt für eine wöchentliche Post sein könnten. Eine Fastenpost sozusagen.
Die Fastenzeit wird nicht mehr unmittelbar mit einem christlichen Fest (Ostern) verbunden. Fasten hatte im ursprünglichsten Sinn mit Winterende und Frühlingsbeginn zu tun. Der Körper wird vorbereitet auf die aktive Zeit, die mit dem Frühling ihren Einzug hält. Da kann eine Entschlackungsphase nicht schaden. Eine Fastenkur hat nicht nur ihren gesundheitlichen Wert, sie bringt auch den Geist wieder in Schwung und konzentriert den gesamten Menschen auf das Wesentliche. Mit „weniger Gepäck“ gelange ich eher zum Ziel! Alle Religionen kennen diese Methode, um zum Wesentlichen zu finden. Es ist ein neues Leben, das wir durch Fastenbestrebungen mit allen Sinnen vorbereiten.
Wenn wir dazu Zeit finden… Wenn uns das auch einleuchtet.
 
WIE gefastet wird, kann nur ein Vorschlag sein. Ob wir die Gesundheit, den Lebensstil oder die Religion als Aufhänger sehen, das ist für den Erfolg der Sache nicht wesentlich.
Ein fastenwilliger Mensch wird wissen, was wegzulassen hilft, um im vollgestopften Alltag – mit Dingen, Medien, Anforderungen, Wünschen und Begierden, Gewohnheiten, Adabei-Terminen, und, und, und – dem näher zu kommen, der wir sein wollen. Dann lässt sich feststellen: Ich bin nicht defizitär (Es fehlt etwas), – ich bin fizitär! (Es ist etwas da!) 

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