Der Garten lehrt Warten.
Immer wieder warten. Bis es hell wird, bis endlich Frühling ist, bis taulaufen gegen schneelaufen eingetauscht werden kann, bis die mutigen Schnittlauchspitzen zu sehen sind, bis die ersten Erdbeeren sonnenreif schmecken, bis man mittags draußen essen kann, bis die Haut den ersten Sonnenhauch erhält, bis man den ersten lauen Abend im Freien genießen kann … bis alle Gartengeräte verräumt sind und der Garten unter der Schneedecke träumt …
Und bei all diesem Warten lehrt der Garten Geduld.
Geduldige Geduld. Da lässt sich nichts erzwingen. „Das Gras wächst nicht schneller, auch wenn man daran zieht.“ Dieses Sprichwort bringt es auf den Punkt: Mein Plan hat sich dem Rhythmus der Natur unterzuordnen. Meine Pläne entsprechen viel mehr einer To-do-Liste mit kreativem Anfang und Ende.
Vielleicht.
Darum lehrt der Garten auch Einsicht.
Vielleicht schaffe ich, was ich mir vorgenommen habe. Vielleicht auch nicht. Nur im Einklang mit der Natur lässt sich arbeiten. Spätestens die Dunkelheit gibt mir zu verstehen: genug. Spätestens der Frost signalisiert: genug.
Fertig, wirklich fertig wird man nie.
Darum lehrt der Garten auch Gelassenheit.
Rückschläge gibt es nämlich immer wieder. Zu viel Regen, – da fliegen keine Bienen, das bedeutet, heuer gibt es keine Äpfel zu ernten. Läuse fallen wie eine Invasion über Triebspitzen her, Junikäferlarven locken den Dachs an, der das Grün umackert wie Wildschweine bei der Trüffelsuche, Wespen in großer Zahl verleiden den Genuss von Süßem oder Gegrilltem und dann gibt es außerdem mal mehr, mal weniger Angehörige der Sorte piccola bestia, – Mücken! Aber was soll’s, das Positive überwiegt so sehr, dass diese Kleinigkeiten mit Gelassenheit wahrlich erträglich sind.
Womit sich der Kreis schließt, der Garten lehrt Zufriedenheit. Wie auch immer, was auch immer: Mit der Kunst warten zu können, mit Geduld, Einsicht und Gelassenheit kann ich die Geschenke der Natur annehmen, mich freuen, ich kann genießen – und das alles mündet in das warme, erfüllende Gefühl der Zufriedenheit.
Gartenliebhaber sind geduldig
Arbeit und Ruhe, Tag und Nacht, Mann und Frau, Winter und Sommer, kalt und warm, – das ganze Leben ist geprägt von Spannungsverhältnissen. Dass es beides braucht, drückt schon die Sprache aus, immer steht zwischen diesen Gegensätzen ein UND: Arbeit UND Ruhe, dunkel UND hell …
Ich möchte dieses kleine Wörtchen „und“ umtaufen. Nur im Geheimen, es klingt nämlich holprig, es ganz zu ersetzen. Doch sinngemäß möchte ich es GEDULD nennen. Die nächste Phase kommt, wenn es soweit ist. Die Natur weiß dies oft besser als wir mit unseren Ratgebern aller Arten. „Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“, – das Sprichwort aus Sambia kommt mir als Gartenliebhaberin sehr entgegen. Natürlich warte ich auf die ersten Rosenblüten! Doch zuvor erfreue ich mich an Schneerosen, Himmelschlüssel und Tulpen!
Aus dem Buch: Komm auf meine Gartenbank